Mandantenbrief 05 2020

6 05-2020 MONATS-RUNDSCHREIBEN GESELLSCHAFTER UND GESCHÄFTSFÜHRER VON KAPITALGESELLSCHAFTEN Verdeckte Gewinnausschüttung: Tante kann eine nahestehende Person sein |  Gewährt eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) der Tante ihrer Alleingesellschaf- terin ein nicht fremdübliches Beraterhonorar, kann dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen. Denn auch eine Tante kann unter besonderen Umständen eine nahestehende Person sein. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.  | Hintergrund: Bei einer vGA handelt es sich – ver- einfacht – um Vermögensvorteile, die dem Ge- sellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern und kann auch vor- liegen, wenn die Leistung nicht unmittelbar an den Gesellschafter erfolgt, sondern an eine na- hestehende Person. ◼◼ Sachverhalt Bei einer Unternehmergesellschaft (UG) war N die Alleingesellschafterin. Über das Vermögen ihrer Tante (T), die von Anfang an Geschäftsführe- rin der UG war, lief ein Privatinsolvenzverfahren. Im allein von der T unterzeichneten Geschäfts- führervertrag aus 2008 war ein jährliches Gehalt von 18.000 EUR bei einer wöchentlichen Arbeits- zeit von 40 Stunden vereinbart. In der Folge wurde das Gehalt durch allein von der Geschäftsführerin unterzeichnete Gesellschafterbeschlüsse mehr- fach geändert, zuletzt am 29.12.2012. Danach sollte das Gehalt nur bis Juni 2013 gezahlt und danach ein Beratungshonorar festgesetzt wer- den, dessen Höhe noch festzulegen war. Am 1.11.2014 wurde ein Beratervertrag abge- schlossen. Die Vergütung betrug 30 EUR netto pro Stunde. Zum 31.12.2013 verbuchte die UG ein Honorar von 60.000 EUR auf dem Forderungsver- rechnungskonto der T für Beratungsleistungen in 2013. Ende 2015 übertrug die N ihren Ge- schäftsanteil zum symbolischen Kaufpreis von 1 EUR auf ihre Tante. Zur „Unternehmensgruppe“ gehörten zwei weitere Gesellschaften in Form von UG, deren Gesellschaftsanteile ebenfalls von der N auf die T übertragen wurden. Das Finanzamt beurteilte das Beraterhonorar im Streitjahr 2013 als vGA. Hiergegen wandte die UG ein, dass das Honorar auf Grundlage einer ein- deutigen Vereinbarung gezahlt worden sei und legte einen weiteren Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2012 vor, wonach die T ab 2013 ein mo- natliches Honorar von 5.000 EUR erhalten sollte. Das Finanzgericht Münster bestätigte die Sicht- weise des Finanzamts und stufte die T als nahe- stehende Person der N ein. Denn die T hatte als alleinige einzelvertretungsberechtigteGeschäfts- führerin einen weitreichenden Handlungsspiel- raum gehabt und diesen sogar über ihre forma- len Kompetenzen hinaus für sich beansprucht. So hatte sie die Gehaltsanpassungen und den Beratungsvertrag allein unterzeichnet . Beachten Sie |  Zudem war sie die alleinige Ak- teurin im „UG-Verbund“, wodurch es an einem natürlichen Interessengegensatz fehlte. Dem- entsprechend wurden auch die weiteren Gesell- schaften im Unternehmensverbund nach Ab- schluss der Privatinsolvenz auf T übertragen. Die Vereinbarung über das Beraterhonorar hielt einem formellen Fremdvergleich nicht stand. Es fehlte bereits an einer im Vorhinein abgeschlos- senen zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung, da die T ihre Leistungen bereits vor Abschluss des Beratervertrags vom 1.11.2014 erbracht hatte. Darüber hinaus beurteilte das Finanzgericht den Vertrag als zivilrechtlich unwirksam, da hierfür die Gesellschafterversammlung und nicht der Geschäftsführer zuständig gewesen sei. Beachten Sie |  Der nachträglich eingereichte Gesellschafterbeschluss vom 29.12.2012 stellt ebenfalls keine klare und eindeutige Vereinba- rung dar, da er inhaltlich dem Beschluss vom selben Tag widerspricht. Unabhängig davon war der Beratervertrag nicht tatsächlich durchgeführt worden. Es war nicht erkennbar, dass die T neben ihrer Geschäftsfüh- rertätigkeit, die nach dem Geschäftsführerver- trag ihre gesamte Arbeitskraft beanspruchen sollte, weitere Beratungsleistungen erbracht hatte. Quelle |  FG Münster, Urteil vom 16.1.2020, Az. 10 K 3930/18 K,G,F, unter www.iww.de , Abruf-Nr. 215126; FG Münster, News- letter 3/2020 vom 16.3.2020

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzc5Mw==