Sonderausgabe ordnungsgemäße Kassenführung

– 4 – Sonderausgabe 01 | 2017 ↘ ↘ HAFTUNGSAUSSCHLUSS Der Inhalt des Rundschreibens ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie ma- chen es notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. Das Rundschreiben ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung. fällen. Die Kassen-Nachschau erfolgt grundsätzlich beim Steuerpflichtigen durch einen Amtsträger der Finanzbe- hörde – und zwar ohne vorherige An- kündigung und außerhalb einer Au- ßenprüfung. 4.3.2 Neuerungen ab 2020 Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen ab dem 1.1.2020 über eine zer- tifizierte technische Sicherheitsein- richtung verfügen, die nach § 146a AO aus drei Bestandteilen besteht: • • Das Sicherheitsmodul gewährleis- tet, dass Kasseneingaben mit Be- ginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht uner- kannt verändert werden können. • • Auf dem Speichermedium werden die Einzelaufzeichnungen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewah- rungsfrist gespeichert. • • Die digitale Schnittstelle gewähr- leistet eine reibungslose Daten- übertragung, z. B. für Prüfungs- zwecke. Die technischen Anforderungen an die Sicherheitseinrichtung legt das Bundes- amt für Sicherheit in der Informations- technik im Benehmen mit dem Bundes- finanzministerium fest. Beachten Sie |  Präzisiert werden die Anforderungen des § 146a AO durch eine sogenannte Kassensicherungsverord- nung . Einen Entwurf hat das Bundesfi- nanzministerium am 3.4.2017 vorgelegt. Dieser sieht u. a. vor, dass elektroni- sche oder computergestützte Kassen- systeme oder Registrierkassen über eine zertifizierte technische Sicher- heitseinrichtung verfügen müssen. Eine Ausweitung auf andere Aufzeichnungs- geräte (z. B. Taxameter) erfolgt nicht. Da es sich bis dato aber „nur“ um einen Entwurf handelt, bleibt die weitere Ent- wicklung abzuwarten. Ab dem 1.1.2020 gilt die verpflichtende elektronische Belegausgabe bei elek­ tronischen Aufzeichnungssystemen. Da- nachmuss für den an diesemGeschäfts- vorfall Beteiligten ein Beleg erstellt und diesem zur Verfügung gestellt werden. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt wer- den. Mit der Belegausgabepflicht ent- steht für den am Geschäftsvorfall Be- teiligten aber keine Pflicht zur Mitnah- me des Belegs. Beachten Sie |  Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgrün- den unter gewissen Voraussetzungen von der Belegausgabepflicht befreien. Diese Befreiung kann allerdings wider- rufen werden. Ebenfalls ab 1.1.2020 haben Steuer- pflichtige, die elektronische Aufzeich- nungssysteme verwenden, die Art und Anzahl der im jeweiligen Unternehmen eingesetzten elektronischen Aufzeich- nungssysteme und der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen dem Finanzamt mitzuteilen . Diejeni- gen Steuerpflichtigen, die ein elektro- nisches Aufzeichnungssystem vor dem 1.1.2020 angeschafft haben, haben diese Meldung bis zum 31.1.2020 zu er- statten. PRAXISHINWEIS |  Wurden Regis­ trierkassen nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft, dann dürfen diese Kassen bis zum 31.12.2022 weiter verwendet werden. Voraussetzung: Sie entsprechen den Anforderungen der 2. Kassenrichtli- nie (u. a. Einzelaufzeichnungspflicht) und sie können bauartbedingt nicht aufgerüstet werden, sodass sie die neuen Anforderungen des § 146a AO (u. a. zertifizierte technische Sicher- heitseinrichtung) nicht erfüllen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber den Katalog der Steuergefährdungs- vorschrift (§ 379 AO) erweitert. Aufge- nommen wurde u. a., dass derjenige ordnungswidrig handelt, der vorsätzlich oder leichtfertig ein in § 146a Abs. 1 AO benanntes elektronisches Aufzeich- nungssystem nicht oder nicht richtig verwendet. Beachten Sie |  Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 EUR geahndet werden. 5. Schätzung bei fehlerhafter Kassenführung Die Buchführung und die Aufzeichnun- gen des Steuerpflichtigen sind der Be- steuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Werden digitale Unterlagen bei Barge- schäften nicht entsprechend der 2. Kas- senrichtlinie aufbewahrt, kann dies ein schwerwiegender formeller Mangel sein, der zu einer Hinzuschätzung be- rechtigt (vgl. Anwendungserlass zur Ab- gabenordnung zu § 158 AO). Die Frage, ob und wenn ja, in welcher Höhe hinzugeschätzt werden darf, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt vom Einzelfall ab. Bei- spielsweise hat das Finanzgericht Düs- seldorf (26.3.2012, Az. 6 K 2749/11 K,G,U,F) in 2012 wie folgt entschieden: Führt ein Restaurant mit hohen Barein- nahmen und hohen Kassenbeständen kein Kassenbuch und erstellt es auch keine ordnungsgemäßen Kassentages- berichte, dann rechtfertigen diese for- mellen Buchführungsmängel eine Hin- zuschätzung von 8 % des erklärten Umsatzes. Dies gilt selbst dann, wenn eine Nachkalkulation möglicherweise keine Differenz erbracht hätte. Fehlen bei einem programmierbaren Kassensystem Protokolle nachträgli- cher Programmänderungen , stellt dies einen formellen Mangel dar, der schon für sich genommen zu einer Zuschät- zung berechtigt. Dies hat der Bundesfi- nanzhof in 2015 entschieden (BFH-Ur- teil vom 25.3.2015, Az. X R 20/13). Die fehlende Kassensturzfähigkeit bei einer offenen Ladenkasse stellt einen so gewichtigen Mangel dar, dass die sachliche Richtigkeit der ausgewiese- nen Ergebnisse zweifelhaft ist. Dieser gravierende Mangel berechtigt die Fi- nanzverwaltung schon für sich genom- men auch ohne Nachweis einer konkre- ten materiellen Unrichtigkeit zu Hinzu- schätzungen (BFH-Urteil vom25.3.2015, Az. X R 20/13). PRAXISHINWEIS |  Diese exemplari- schen Entscheidungen zeigen, dass Unternehmer (insbesondere mit hohen Bareinnahmen) gut beraten sind, sich „ an die Spielregeln" für eine ordnungs- gemäße Kassenführung zu halten.

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