Sonderausgabe ordnungsgemäße Kassenführung

– 2 – Sonderausgabe 01 | 2017 det sich der Steuerpflichtige für diese Kassenart, kann er die Tageseinnahmen mithilfe eines fortlaufend nummerier- ten Kassenberichts durch Rückrech- nung (retrograde Methode) aus dem gezählten Kassenbestand ermitteln. Sinn und Zweck eines Kassenberichts ist demzufolge die richtige und nach- vollziehbare Ermittlung der Bareinnah- men. Ein Kassenbericht kann z. B. wie folgt aussehen: Muster-Kassenbericht Tagesendbestand (Endbestand zum Geschäftsschluss) ./. Anfangsbestand (Kassenbestand des Vortages) = Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben) + Kassenausgaben des Tages + Geldtransit auf das betriebliche Konto oder weitere Kassen + Privatentnahmen ./. Privateinlagen ./. sonstige Tageseinnahmen = Kasseneinnahme des Tages Der handschriftlich zu führende retro- grad aufgebaute Kassenbericht ent- spricht der Rechtsprechung des Bun- desfinanzhofs. Diese besagt, dass die tägliche Berechnung der Tageseinnah- men durch Rückrechnung aus dem ausgezählten Tageskassenbestand er- folgen muss. Das Erfordernis, einen Kassenbericht handschriftlich anzufertigen, ergibt sich indirekt aus § 146 Abs. 4 AO (Grundsatz der Unveränderbarkeit). Denn bei Kassenberichten, die bei- spielsweise mit dem Tabellenkalkulati- onsprogramm Excel geführt werden, können Änderungen nicht mehr nach- vollzogen werden. Der Kassenbestand bei Geschäfts- schluss muss vom Unternehmer, Ge- schäftsführer bzw. von Beauftragten täglich ausgezählt werden. Dabei sind sowohl die Geldscheine als auch das Hartgeld (inklusive Centmünzen) zu zählen. Als weiterer Nachweis für das tatsächliche Auszählen dient das Zähl- protokoll (mehr dazu unter 3.2). Es ist darauf zu achten, dass nicht zu hohe Bargeldbestände ausgewiesen werden. Diese sind nämlich oft ein Indiz für die rein rechnerische Führung eines Kas- senberichts. Beachten Sie |  In einigen Bereichen (z. B. bei Discotheken) sind Bargeldbe- stände in fünfstelliger Höhe aber durch- aus als normal anzusehen. Auch wird es von der Betriebsprüfung kritisch hinterfragt, wenn hohe Kassen- bestände bei gleichzeitiger hoher Über- ziehung des Bankkontos vorliegen. Unbare Geschäftsvorfälle , z. B. EC- Karten-Zahlungen, dürfen nicht im Kassenbericht miterfasst und doku- mentiert werden. Der Kassenbericht stellt das Grundbuch für die Bargeld- umsätze dar. Privatentnahmen müssen zwingend durch Eigenbelege nachgewiesen wer- den. Fehlende Eigenbelege eröffnen der Betriebsprüfung nämlich die Schät- zungsbefugnis dem Grunde nach. Auch müssen Privatentnahmen laufend im Kassenbericht eingetragen werden (und nicht nur am Monatsende). Ferner sind auch Privateinlagen durch Eigenbelege nachzuweisen. Die Barein- lagen müssen nachvollziehbar sein, d. h., ungeklärte Einlagen in nicht uner- heblicher Höhe sind zu vermeiden. Die Kassensturzfähigkeit (= jederzeitige Vergleichbarkeit des Sollbestands mit dem tatsächlich vorhandenen Istbe- stand der Kasse) muss für jede Kasse gegeben sein! Bei fehlender Kassen- sturzfähigkeit ist die Buchführung ei- nes Betriebes, in dem die Einnahmen ganz überwiegend über die Barkasse vereinnahmt werden, sowohl formell als auch materiell nicht ordnungsge- mäß (FG Münster, Urteil vom 16.5.2013, Az. 2 K 3030/11 E, U). Beachten Sie | Bei Betriebsprüfungen werden oft Kassenberichte vorgelegt, die „ glatte“ Zahlen (ohne Nachkomma­ stellen) beinhalten. Ergeben sich aus der Preisliste des Betriebes indes regel- mäßig Zahlen mit Nachkommastellen, dann dürfte dies den Prüfer zu weiteren Prüfungshandlungen animieren. Im Übrigen ersetzt ein Kassenbuch auch dann nicht den Kassenbericht, wenn in einer gesonderten Spalte Be- stände ausgewiesen werden. Es würde an einer vorgeschalteten Berechnung fehlen. Und ganz wichtig: Keine Kassenminus- bestände. Das bedeutet: Der Kassen- bestand darf nie negativ sein. MERKE | Das Fehlen von Kassenbe- richten bei einer offenen Ladenkasse stellt für sich genommen einen gra- vierenden formellen Mangel dar, der grundsätzlich zu einer Hinzuschät- zung berechtigt (BFH-Urteil vom 25.3.2015, Az. X R 20/13). 3.2 Zählprotokoll Der Bundesfinanzhof (BFH-Beschluss vom 16.12.2016, Az. X B 41/16) hat klar- gestellt, dass die Anfertigung eines Zählprotokolls für eine ordnungsgemä- ße Kassenbuchführung bei einer offenen Ladenkasse weiterhin nicht erforderlich ist. Nach der Entscheidung ist bei Bar- einnahmen mittels einer offenen Laden- kasse ein täglicher Kassenbericht, der auf Grundlage eines täglichen Auszäh- lens der Bareinnahmen erstellt wird, er- forderlich – aber auch ausreichend. Ein Zählprotokoll, d. h. die Aufstellung über die Stückzahl der in der Kasse am Tagesende vorhandenen und dem Kas- senbericht zugrunde gelegten Geld- scheine und -münzen, kann wie folgt aussehen: Zählprotokoll Scheine Münzen Einheit Stück Betrag Einheit Stück Betrag 500 EUR 2 EUR 200 EUR 1 EUR 100 EUR 50 Cent 50 EUR 20 Cent 20 EUR 10 Cent 10 EUR 5 Cent 5 EUR 2 Cent Summe 1 Cent Summe PRAXISHINWEIS | Auch wenn ein Zählprotokoll nicht zwingend erfor- derlich ist, ist die lückenlose Führung eines Zählprotokolls zu empfehlen. Der tägliche Zählnachweis sollte un- ter Angabe von Datum und Uhrzeit un- terschrieben werden. So wird doku- mentiert, dass die Zählung nach Ge- schäftsschluss vorgenommen wurde. 3.3 Kassenbuch Das Kassenbuch ( = Grundbuch) dient der buchmäßigen Darstellung und Er- fassung des gesamten Bargeldverkehrs einschließlich der Bestände. Es erfüllt bei buchführungspflichtigen Steuer- pflichtigen die Grundbuchfunktion.

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