Mandantenbrief 07 2020

6 07-2020 MONATS-RUNDSCHREIBEN ◼◼ Sachverhalt Im Streitfall nutzte der alleinige Kommanditist einer GmbH & Co. KG einen im Betriebsvermö- gen befindlichen, im Jahr vor dem Streitjahr neu angeschafften Pkw (Fiat Doblo Easy 2.0 16V Mul- tijet; Kastenwagen) für betriebliche Zwecke, ins- besondere für tägliche Fahrten zu den Betriebs- stätten. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Bei einer Außenprüfung rügte der Prüfer den fehlenden Ansatz eines Privatanteils nach der Ein-Prozent-Regelung. Dass ein Mercedes-Benz C 280 T (Baujahr 1997) zur alleinigen Verfügung des Kommanditisten im Privatvermögen vor- handen war, erschütterte den für die Privatnut- zung sprechenden Anscheinsbeweis nach Mei- nung des Prüfers nicht. Nach seiner Auffassung war dieses Fahrzeug „ „ weder in Bezug auf den Gebrauchswert (kein variables Sitzkonzept, geringeres Kofferraum- volumen, veraltete Technik wegen des Alters, höhere Laufleistung, geringerer Sicherheits- standard, größere Reparaturanfälligkeit) „ „ noch im Hinblick auf den Status mit dem Fiat vergleichbar. Das Finanzgericht Niedersachsen sah das aber anders. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist unter dem Begriff „Gebrauchswert“ der Wert einer Sache hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit und ihrer Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke (Nutzwert) zu verstehen. In diesem Zusammen- hang können Umstände wie Motorleistung, Hub- raum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung Berücksichtigung finden. Unter dem Aspekt des „Status“ sind dagegen vornehmlich Prestigege- sichtspunkte zu berücksichtigen. Nach diesen Maßstäben gelangte das Finanz- gericht zu der Überzeugung, dass der im Pri- vatvermögen vorhandene Mercedes-Benz trotz des Alters, der weitaus höheren Laufleistung und des (veralteten) technischen Zustandes mit dem betrieblichen Fiat in Status und Ge- brauchswert mindestens vergleichbar war. Für das Finanzgericht war der für eine Privatnut- zung des Fiats sprechende Beweis des ersten Anscheins damit erschüttert – eine Besteue- rung der Privatnutzung schied folglich aus. Rechtslage bei Arbeitnehmern Bei Arbeitnehmern ist die Rechtslage anders. Hier führt die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens für die Privat- nutzung zu einem lohnsteuerlichen Vorteil – und zwar unabhängig davon, ob der Arbeit- nehmer den betrieblichen Pkw tatsächlich pri- vat nutzt. Ob der Arbeitnehmer den Anscheins- beweis zu entkräften vermag, ist unerheblich. Hat der Arbeitgeber indes ein Nutzungsverbot ausgesprochen, liegt kein geldwerter Vorteil vor. Das Nutzungsverbot muss durch entsprechende Unterlagen (z. B. eine arbeitsvertragliche oder andere arbeits- oder dienstrechtliche Rechts- grundlage) nachgewiesen werden. Nach einem Schreiben des Bundesfinanzminis- teriums steht dem Nutzungsverbot ein aus- drücklich mit Wirkung für die Zukunft erklärter schriftlicher Verzicht des Arbeitnehmers auf die Privatnutzung gleich, wenn aus außersteuerli- chen Gründen ein Nutzungsverbot des Arbeitge- bers nicht in Betracht kommt und der Nutzungs- verzicht dokumentiert wird. Die Nutzungsver- zichtserklärung ist als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren. Quelle |  FG Niedersachsen, Urteil vom 19.2.2020, Az. 9 K 104/19, unter www.iww.de , Abruf-Nr. 215553; FG Niedersachsen, News- letter 4/2020 vom 7.5.2020; BMF-Schreiben vom 4.4.2018, Az. IV C 5 - S 2334/18/10001 FREIBERUFLER UND GEWERBETREIBENDE Neues zur Widerlegung des Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines betrieblichen Pkws |  Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge, die auch zur Nutzung für private Zwecke zur Verfügung stehen, tatsächlich auch privat genutzt. Es kommt jedoch eine Er- schütterung dieses Anscheinsbeweises in Betracht, wenn für Privatfahrten ein weiteres Fahrzeug zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht. Voraussetzung für eine solche Entkräftung ist jedoch, dass dieses Privatfahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist. Mit diesen Krite- rien hat sich das Finanzgericht Niedersachsen nun näher befasst.  |

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